Pilotprojekt: Ein 3-köpfiges Team plant mit KI das Verkehrsnetz der Zukunft

Für verschiedene Kunden und Projekte arbeiten wir als Ray Sono im Bereich Mobilität. Dabei begegnet uns immer wieder das Thema „Künstliche Intelligenz“ (KI). Doch seit kurzem bewegen wir uns in einem neuartigen Setting, das Mobilität und Künstliche Intelligenz kombiniert und inhaltlich wie organisatorisch für uns bisher unberührtes Terrain bedeutet.

Katharina Große-Schwiep, Senior Consultant | Digital

Lesedauer: 5 Minuten

Derzeit veranstaltet das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) einen Wettbewerb zu Künstlicher Intelligenz als Treiber für Ökosysteme und ruft dazu auf, sich mit Projekten für Fördermittel zu bewerben. Nichts leichter als das – dachten wir! Wir haben uns einem von der Hamburger Hochbahn geführten Konsortium angeschlossen und nehmen mit dem Projekt KIMOB („Künstliche Intelligenz Mobilität“) an diesem Wettbewerb teil. Wir haben uns dreimal im Kreis gedreht, unser agiles Mindset in die Spree geworfen und uns zum Ziel gesetzt, mit KI die Verkehrswende der Stadt Hamburg zu steuern. Komplexe Systeme überblicken, vom Nutzer her denken, ins Digitale übersetzen: können wir. Jetzt stehen wir an der Startlinie, sind schon jetzt enorm stolz auf das Erreichte und wollen, dass es weitergeht. Aus drei guten Gründen:

1. Wir wollen umsteigen!

Alle reden davon, doch niemand macht’s. Eine Verkehrswende kann man nicht herbeireden, sondern sie muss aktiv gesteuert werden. Die Steuerung findet auf vielen verschiedenen Ebenen statt. Auch im KIMOB-Projekt wird schnell klar: Unser Ökosystem ist komplex und viele verschiedene Interessen wirken auf uns ein. Natürlich gibt es EU- und Bundespolitik, es gibt die Fridays-for-Future-Bewegung und eine gesellschaftliche Debatte über Feinstaub- und Stickoxide. Letztlich müssen wir aber auch alle zur Arbeit, in die Kita und in den Supermarkt. Stillstand kann sich niemand leisten.

KIMOB fokussiert sich in der ersten Projektphase auf die Stadt Hamburg und allein dort gibt es eine Senatskanzlei, eine Behörde für Umwelt, eine Behörde für Verkehr, verschiedene Mobilitätsunternehmen für Bus, Bahn, Fähre, Bike-/Car-/Scooter-/Roller-Sharing, Taxiunternehmen und Lieferverkehr. Und viele mehr. Besonders wichtig für uns sind aber natürlich all diejenigen, die sich Tag für Tag in der Stadt bewegen – also die Verkehrsteilnehmer. Dies umfasst Autofahrer, ÖPNV-Nutzer, Fahrradfahrer, Touristen, Paketzusteller und auch jeden Handwerker mit Dienst-Bulli. Was ich sagen will: Das System ist komplex, die Bedürfnisse sind vielfältig und teilweise gegenläufig und die Zeit ist knapp sowie die Politik unter Druck. Das nenn’ ich mal liebevoll ein „explosives Spannungsfeld“. Dieses Spannungsfeld können wir im Projekt über ein nutzerzentriertes Vorgehen und eine enge Kooperation mit allen Beteiligten auflösen. Nur so werden wir Lösungen finden und Produkte bauen, die tatsächlich akzeptiert und genutzt werden und auf unser Ziel – die Verkehrswende in Hamburg herbeizuführen – einzahlen. 

2. Wir haben die Lösung: Unsere künstlich intelligenten Agenten

Kurz in Google Maps die Route eingegeben und schon weiß ich, wann ich aufbrechen muss, um pünktlich von meinem Arbeitsplatz bei meinem Zahnarzt zu sein. Und ich sehe, dass ich mit dem Rad deutlich schneller bin als mit der S-Bahn. Was für uns als Verkehrsteilnehmer wie eine Selbstverständlichkeit klingt, ist für diejenigen, die den Verkehr planen, eine sehr komplexe Aufgabe. Denn die Entscheidungen des individuellen Verkehrsteilnehmers lassen sich nur schwer simulieren.

Verkehrsplaner nutzen zur Planung der aufeinander abgestimmten Buslinien, des Schienenersatzverkehrs oder der Initiierung einer neuen U-Bahnlinie unglaublich viele Datenquellen, die in unterschiedlichen Qualitäten und Zuständen vorliegen. Um den Verkehrsplanern zukünftig die Arbeit zu erleichtern und die Ergebnisse zu verbessern, werden wir Künstliche Intelligenz einsetzen. Ein KI-basiertes Agentensystem wird aufgesetzt und trainiert, so dass Simulationen und Prognosen sogar in Echtzeit erstellt werden können. Bei einem Agentensystem handelt es sich, vereinfacht gesagt, um die Abbildung des Verkehrs über autarke Software-Einheiten – jeder Verkehrsteilnehmer wird als Agent dargestellt, der basierend auf seinen Eigenschaften Ziele erreichen möchte und Entscheidungen trifft. Simulieren wir zum Beispiel eine Großveranstaltung wie ein Rolling Stones-Konzert mit mehreren 10.000 Menschen, die sich innerhalb eines sehr engen Zeitfensters in Richtung Stadtpark bewegen. Wir werden beobachten, wie die verschiedenen Agenten ihr Verhalten anpassen. Erfahrene Hamburger werden einzelne Wege meiden, um nicht in die behäbigen Menschenmassen zu geraten. Andere werden das Verkehrsmittel wechseln. Gleichzeitig werden die Hamburg-Besucher die extra eingerichteten Shuttle-Busse nutzen, mit ihrem eigenen PKW die Parkplätze aufsuchen oder im schlimmsten Fall orientierungslos die richtige S-Bahn suchen. Vielleicht haben Rolling Stones-Fans und damit auch deren Agenten-Abbild die besondere Eigenschaft, mit dem eigenen Schlagzeug anzureisen, was wiederum gravierende Auswirkungen auf den Verkehr hätte. Jedem ist klar: Bei derartigen Veranstaltungen wird das Verkehrssystem auf eine harte Probe gestellt. Deswegen sind valide Simulationen vorab besonders wertvoll, um sinnvolle Maßnahmen in die Wege zu leiten und die Agenten bzw. die echten Menschen optimal zu steuern. Mit dem Agentensystem liefern wir den Verkehrsplanern ein Instrument, um bessere Entscheidungen zu treffen und die Verkehrsplanung zu optimieren, indem die Mobilitätsdienstleister ihr Angebot dynamisch anpassen. Auch der einzelne Verkehrsteilnehmer profitiert davon, da seine individuelle Reisekette seinen Bedürfnissen entsprechend angepasst wird.

3. Ein Tinder-Match mit Fachleuten

Überall, wo wir hinschauen: Experten. Experten für Verkehrspolitik, für Machine Learning, für Agentensysteme oder Data Modelling. Insbesondere die Hamburger Universitäten (UHH, HAW, HCU) beweisen tiefgreifendes Forschungswissen über Künstliche Intelligenz. Gleichzeitig erhebt der Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung bereits seit Jahren eine Vielzahl von Daten über Stau- und Verkehrsdichte und stellt sie über eine zentrale Datenplattform zur Verfügung. Telefónica NEXT bereitet Mobilfunkdaten zu anonymisierten Bewegungsströmen auf, um diese für die Planung von Nahverkehrssystemen oder Infrastruktur einzusetzen. Fantastisch – so viel Domänenwissen im Konsortium, so ein kristallblauer Datenpool und so viele Anwendungsfälle in unseren Köpfen! Und genau diese vielen verschiedenen Sichtweisen und Ideen stellen uns vor ein „positives Dilemma“, das es aufzulösen gilt. Dazu müssen alle Experten einander verstehen und gemeinsam herausfinden, was auf unser Ziel – die Verkehrswende für Hamburg – den größten Einfluss hat und was technisch möglich ist. Wir wollen eine echte Lösung entwickeln und nicht Google Maps neu erfinden. Und das ist eine echte Herausforderung. Die Grundidee eines Konsortiums, in dem verschiedene Experten ihr jeweiliges Know-how einbringen, ist bereichernd und spannend – und verändert unser aller Denksystem: Wir als Ray Sono sind sehr nah dran an universitärer Forschung und entwickeln basierend auf den Ergebnissen digitale und bedürfnisorientierte Produkte. Gleichzeitig bewegen sich die Universitäten in unsere Welt der realen Anwendungen, wo sie ihre Ergebnisse in der Echt-Welt testen können. Das klingt wie ein Tinder-Match mit Aussicht auf Hochzeit! Ab jetzt heißt es: Daumen drücken! Vor wenigen Tagen haben wir als Teil des Konsortiums unter Führung der Hamburger Hochbahn unseren Wettbewerbsbeitrag eingereicht. Nun warten wir gespannt auf Rückmeldung, ob wir Fördergelder erhalten und ab 2020 in die Umsetzung gehen dürfen. Wir halten euch auf dem Laufenden!

KIMOB-Team

In München und Berlin arbeitete unser KIMOB-Team an der Gestaltung der Mobilität der Zukunft einer weiteren Millionenstadt: Hamburg. Am Schreibtisch im Büro und live am Standort Hamburg planten Projektleiter Norman Rockmann, Tech-Berater Dr. Max Franzke und Strategie-Beraterin Katharina Große-Schwiep wie der Verkehr mithilfe von Künstlicher Intelligenz schon bald ressourcenschonender durch die Alsterstadt fließen könnte.

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Nancy Forner
Marketing & Communications
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